Biblische Geschichten auf neuen Wegen
Bibelgeschichten sind nicht immer sofort greifbar. Manchmal reibt man sich an der Sprache, den unbekannten Lebensumständen. Unsere Schüler:innen sind oft mit beidem nicht mehr vertraut.
Um ihnen und Kindern generell jedoch einen Zugang zur Bibel und ihren wunderbaren Erzählungen zu ermöglichen, hat der Münsteraner Religionspädagoge Christian Grethlein acht biblische Geschichten elementar und lebensnah formuliert, die eine Kommunikation des Evangeliums für Schüler:innen ermöglichen.
Gedacht sind diese Texte für seine Enkelkinder. Uns erweist er die Ehre, sie hier veröffentlichen zu dürfen. Vielen Dank!
Jesus hat Gemeinschaft mit einem Außenseiter (nach Luk 9,1-10)
Jericho ist eine kleine, aber feine Stadt. Sie wird auch „Palmenstadt“ genannt. Tief unten im Jordangraben liegt sie, also da, wo der Fluss Jordan sich seinen Weg durch das Gestein bahnt. Ein herrlicher Ort. Kein Wunder, dass sich König Herodes hier seinen Winterpalast bauen ließ. Denn auch im Winter ist die Temperatur angenehm, es lässt sich einfach gut leben in Jericho. Die große Säulenhalle des Palastes spendet zudem an heißen Tagen willkommenen Schatten.
Doch sind, wenn man genauer hinsieht, Spannungen unübersehbar. Nicht zuletzt die Kaufleute in Jericho lehnen die römische Besatzungsmacht ab. Für Waren, die sie von auswärts kaufen, müssen sie nämlich Zoll zahlen, und nicht zu knapp. Viel lieber würden die Kaufleute den ganzen Preis für ihre Waren selbst kassieren und nicht an die Zollstation davon abgeben. Entsprechend verhasst waren die Zöllner und unter diesen vor allem ihr Chef, der Oberzöllner. Er hieß in Jericho Zachäus. Im Lauf der Zeit war er durch die Zoll-Tätigkeit sehr reich geworden. Er bewohnte nicht nur ein Haus in der besten Straße; es gehörte ihm auch. Und dort ließ er es sich gut gehen. Gern lud er Gäste ein, mit denen er über Gott und die Welt plauderte und manchmal auch diskutierte und stritt. Besonders anregend fand er Gespräche mit Menschen, die von auswärts kamen und interessantes Neues zu berichten hatten. So hatten jetzt bereits mehrmals Gäste von einem Rabbi namens Jesus erzählt. Der zog, gefolgt von einigen Jüngern, durch Galiläa und erregte viel Aufsehen. In Gesprächen und manchmal auch kurzen Ansprachen machte er Menschen auf das liebevolle Handeln Gottes aufmerksam. Denn Gott war für ihn eher ein gütiger Vater als ein zorniger Richter. Auch aß und trank er gern mit Menschen, die von vielen anderen verachtet wurden. Dabei wies er darauf hin, dass Gott allen Menschen nahe ist, und nicht nur besonders Frommen. Vielleicht am aufregendsten war aber, dass immer wieder kranke Menschen nach der Begegnung mit ihm gesund waren. So ermöglichte er Menschen, die bisher aus der Gemeinschaft ausgeschlossen waren, wieder ins normale Leben zurückzukehren. Auf jeden Fall musste dieser Jesus eine besondere Ausstrahlung haben. Zachäus hätte ihn gern einmal gesprochen.
Deshalb war er ganz aufgeregt, als er vernahm: Jesus kommt nach Jericho. Er hörte das von verschiedenen Seiten, an verschiedenen Orten: auf dem Markt, beim Anstehen beim Fleischer, beim Spazierengehen. Und bald erfuhr er auch den konkreten Tag und die ungefähre Zeit, zu der Jesus erwartet wurde. Da würde er hingehen, um sich diesen berühmten Rabbi wenigstens einmal anzusehen. Sprechen würde er ihn wohl nicht können. Da gab es in Jericho wichtigere und gebildetere Menschen, die wohl eher Zugang zu Jesus finden würden.
Als der Tag gekommen war, an dem Jesus in Jericho erwartet wurde, machte sich Zachäus auf zu der Straße, in der er erwartet wurde. Doch schon von weitem sah er: Alles war voll. Ganze Familien, angefangen von der Oma bis hin zum jüngsten Enkelchen, einschließlich Geschwister und Eltern, standen am Rand der Straße, um Jesus zu sehen. Sie machten keine Anstalten, Zachäus nach vorne durchzulassen – Zachäus, den Obberzöllner, den sie hassten. Nicht nur Zachäus hatte offenkundig viel von ihm gehört. Jetzt hätte sich Zachäus hinter die Menschen stellen können, doch das ging leider nicht. Denn Zachäus war ziemlich klein. Wenn schon ein Vierzehnjähriger vor ihm stand, konnte er nichts mehr sehen. Doch – es gab eine Möglichkeit, schoss ihm plötzlich durch den Kopf. Da vorn stand ein Maulbeerfeigenbaum. Der war breit gebaut, aber seine Äste begannen schon ziemlich weit unten. Auf den würde er klettern. Als er dorthin ging, bemerkte er auch, dass viele Menschen ihn erkannten – und verachteten. So musste er um eine Gruppe von jungen Mädchen einen Bogen machen, weil diese ihm nicht auswichen. Eine zischte sogar: „Blöder Römerknecht“ und funkelte ihn böse an. Und auch bei einer Gruppe junger Männer musste er sich Ähnliches anhören und war froh, als er an ihnen vorbei war. Endlich gelangte er zu dem Maulbeerfeigenbaum, etwas hinter den auch hier sich drängelnden Massen. Und eilends stieg der hinauf. So jetzt musste er nur ein paar Äste nach oben klettern und dann die Zweige etwas zur Seite schieben. Da hatte er eine blendende Aussicht. Jetzt musste Jesus nur noch kommen. Schon hörte er vereinzelte Rufe: „Der Rabbi kommt!“ Tatsächlich – da hinten war er bereits zu sehen, das musste er wohl sein.
Überraschend blieb Jesus auf einmal stehen, als er bei dem Maulbeerfeigenbaum angekommen war. Wollte er hier etwas ausruhen – oder warum blieb er gerade hier stehen? Nein, er richtete seine Augen nach oben und sah Zachäus nicht nur an, sondern sprach zu ihm. „Steig eilend herunter, denn ich muss heute in deinem Haus einkehren.“ Was? Jesus wollte zu ihm, in sein Haus einkehren, sein Gast sein? Das hätte er nicht einmal im schönsten Traum zu wünschen gewagt. Aber Jesus hatte ganz deutlich gesprochen und sah immer noch zum hinauf.
Das ließ sich Zachäus nicht zweimal sagen. Ganz schnell kletterte er nach unten und nahm Jesus in sein Haus. Und wie er sich freute! Doch viele Menschen, die das – genauso überrascht wie Zachäus – gesehen hatten, reagierten ganz anders. Sie, die auf etwas Besonderes gewartet hatten, waren bitter enttäuscht. So murrten sie: „Bei einem Sünder kehrt er ein?!“ Denn sie kannten Zachäus als Oberzöllner. Und sie hatten ihn im Verdacht, manchmal sogar zu viel Zoll zu berechnen. Woher war er denn so reich geworden? Wie sonst konnte er sich dieses schöne Haus kaufen? Dass Jesus sich mit so einem einließ und sogar zu ihm nach Haus ging – unfassbar.
Im Haus des Zachäus aßen und tranken Jesu und der Hausherr zusammen mit dessen Familie und unterhielten sich offensichtlich gut. Denn Jesus blieb eine ganze Zeit im Haus des Zachäus. Vielleicht ging es bei dem Gespräch auch um den Reichtum von Zachäus. Denn gegen Ende des Besuchs stand Zachäus auf und sagte: „Siehe, die Hälfte von meinem Besitz gebe ich den Armen, und wenn ich jemanden betrogen habe, so gebe ich es vierfach zurück.“ Offensichtlich hatte er im Gespräch mit Jesus verstanden, dass viel Geld nicht das Wichtigste im Leben ist, sondern dass man mit Geld auch Ärmeren helfen kann und soll.
In Jericho wurde noch lange über diese Begegnung diskutiert. Nicht wenige waren entsetzt von Jesus. Dass sich ein Rabbi mit einem Oberzöllner abgab und dann sogar in dessen Haus einkehrte, mit ihm aß und trank und sprach! Andere dagegen freuten sich darüber, dass Jesus offensichtlich an jedem Menschen und nicht nur an den besonders Frommen Interesse hatte. Und sie waren von der Reaktion des Zachäus begeistert. Die Hälfte seines Besitzes den Armen geben und dann die, die er betrogen hatte, vierfach entschädigen. Da zeigt sich doch, wie heilsam das Wirken Jesu war. Dieser Jesus suchte gerade diejenigen auf, die von vielen verachtet wurden. Und ihnen verhalf er zu einem neuen Blick auf ihr Leben.
Zachäus selbst wird sich wohl sein ganzes Leben an diesen Besuch erinnert haben. Es war sehr schön gewesen, mit Jesus zu essen und zu trinken und so eine neue Gemeinschaft zu erfahren. Wie ernst und zugleich freundlich Jesus mit ihm gesprochen hatte. Gar nicht von oben herab oder gar feindselig wie nicht wenige seiner Nachbarn. Da war ihm klar geworden, dass sein Streben nur nach viel Geld und Reichtum ihn nicht glücklich machen würde. Es war wichtig, auch die Menschen nicht zu vergessen, die arm waren und dringend Unterstützung brauchten. Zukünftig wollte er von seinem guten Verdienst an sie etwas abgeben. Und betrügen würde er zukünftig niemanden mehr.
Fachdidaktische Reflexion der Schöpfungserzählung mithilfe der Jugendtheologie:
Aus dem fachdidaktischen Ansatz der Jugendtheologie ergeben sich folgende fachdidaktische Prinzipien: das Eruieren und Antizipieren der Erfahrungen und Fragen der Jugendlichen (Theologie von Jugendlichen), die daran anknüpfende fachwissenschaftliche Vorbereitung der Lehrkraft (Theologie für Jugendliche) und die Didaktik des gemeinsamen Theologisierens (Theologie mit Jugendlichen):
a.) Theologie von Jugendlichen: Biblischer Schöpfungsglaube und Evolution stehen für Jugendliche häufig in einem unvereinbar erscheinenden Gegensatz zueinander. In der Perspektive der Jugendlichen ist der biblische Schöpfungsglaube Explikation eines vergangenen, überholten Weltbildes. Dieses Weltbild selbst lässt dann im Umkehrschluss biblischen Schöpfungsglauben obsolet, bedeutungslos und „langweilig“ erscheinen. In einem ersten Schritt ist es möglich, dieses unscharf konturierte Vorverständnis der Jugendlichen für den Religionsunterricht zu erheben und die Schüler in die Lage, ihr Vorverständnis für den Religionsunterricht zu erheben. Methodisch kann dies z.B. durch das offene Unterrichtsgespräch über den oben vorgelegten Erzähltext geschehen. Gleichermaßen ist ein stummes Schreibgespräch, oder eine ad-hoc-Diskussion nach dem Lesen/Erzählen sinnvoll.
b.) Theologie für Jugendliche: In diesem Schritt wird nunmehr die gemeinsame Erarbeitung des biblischen Schöpfungsglaubens anhand des Texten und später auch von Gen 1+2 und/oder Psalm 8 und/oder 104 thematisch. An dieser Stelle bietet sich methodisch die Rezeption handlungsorientierter, laientheologischer Bibelarbeit an (z.B. die Västeras-Methode): Die Västeras- Methode ist auch in unterrichtlichen Kontexten durchaus leistbar: Jeder Teilnehmer hat den Text vor sich (Bibel oder Kopie des Textes. Der Text wird − Vers für Vers abwechselnd − einmal gemeinsam laut vorgelesen. Die Teilnehmer (d.h. Lehrer:innen und Schüler:innen lesen anschließend noch einmal in der Stille den Text. Dann können sie den Text mit den folgenden drei Symbolen markieren:
? Das verstehe ich nicht, das ist mir unklar, das ist in meinen Augen fragwürdig.
! Hier geht mir ein Licht auf! Ich habe eine wichtige Einsicht gewonnen!
→ Der Pfeil am Rand zeigt an: Das spricht mich ganz persönlich an! Das macht mich betroffen!
An dieser Stelle kann nunmehr der Übergang von der zweiten Phase des Gesprächs in die dritte Phase des Gesprächs: Theologie mit Jugendlichen nahtlos übergehen.
c.) Theologie mit Jugendlichen: Bei der folgenden Austauschrunde wird der oben stehende Text oder der Bibeltext Abschnitt für Abschnitt durchgesprochen. Zunächst teilen diejenigen Teilnehmer ihre Gründe mit, die in der entsprechenden Zeile kein Zeichen gesetzt haben. Anschließend erläutern die anderen, warum sie ein Zeichen gesetzt haben. Zuerst werden die Fragezeichen erläutert, dann die Ausrufezeichen, zuletzt die Pfeile. Da wo sie für eine existentielle Betroffenheit stehen, kann die Teilnehmerin/der Teilnehmer selbst entscheiden, was und wieviel sie/er der Gruppe mitteilen will. Alle persönlichen Mitteilungen sollten nicht diskutiert werden. Diese abschließende Phase intendiert, dass die Verhältnisbestimmung von biblischem Schöpfungsglauben und Evolution erneut thematisch wird. Eine kriterienorientierte, wissenschaftstheoretisch begründete Verhältnisbestimmung steht allerdings nicht im Vordergrund des Interesses. Der Akzent liegt vielmehr auf den persönlichen, existentiell bedeutsamen und in der Perspektive des Ich evozierbaren Lösungsansätzen und dem Weg dorthin.
Folgende Möglichkeiten lassen sich aus der Kinder- oder judentheologischen
Perspektive ableiten und bieten sich hier an:
Digitale Religionspädagogik - ohne Resonanz?
RU ist auch in digitaler Form möglich und kann Resonanz auf Schüler:innen- und Lehrer:innenseite erzeugen. Vor diesem Semester und vor dem coronabedingten school@home habe ich dies nicht geglaubt. Doch ich muss sagen, dass es zwar herausfordernd ist, aber gut funktioniert, auch mit verschiedenen fachdidaktischen und methodischen Prinzipien wie Texttheater, Standbildern, Materialarrangements zu Gottesvorstellungen etc.
Der ganze Artikel befindet sich hier: Theoweb und in zeitspRUng.
Autoren: Stefanie Pfister und Matthias Roser
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